Deutsch-Koreanisches Juniorforum – Arbeitsgruppe zum Thema „Genderkonflikt“
Von Anna Martha Maria Zanner, Teilnehmerin am Deutsch-Koreanischen Juniorforum
Beim diesjährigen Deutsch-Koreanischen Jugendforum in Daejeon diskutierte unsere Gruppe über das Thema „Conflict between Genders“. Zu den Teilnehmern gehörten auf koreanischer Seite gehörten Hanseul Choi, Ji-Eun Choi, Yoon-Ji Lee und Semi Yoon und auf deutscher Seite Michaela Poit, Anke Weßelmann und Anna Martha Maria Zanner.
Unter der Leitung von Dr. Hwajung Kim diskutierten die Teilnehmer zunächst darüber, welche Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern bezüglich des Gender-Konflikts bestünden. Es wurde festgestellt, dass in beiden Ländern sexistische Werbung und Alltagssprache allgegenwärtig ist, in Deutschland die gynäkologische Fachausbildung angehender Gynäkologen große Lücken bezüglich des Schwangerschaftsabbruch aufweist, was zu einem Nachwuchsmangel führt, und dass in Deutschland und Südkorea Dienstleistungen und essenzielle Hygieneprodukte für Frauen teils unfair besteuert werden. In Deutschland werden Hygieneprodukte für die Menstruation mit 19% statt der 7% für alltägliche Produkte besteuert, während in Korea der Steuersatz für solche Produkte zwar gesenkt wurde, diese aber von einem Oligopol an Firmen produziert wird, was teils steile Preise verursacht. Zudem war die sog. „Pink Tax“ Themenpunkt, ein Preisaufschlag von bis zu 17-42% gegenüber dem Preis für Produkte und Dienstleistungen, die für männliche Konsumenten bestimmt sind. Als letzte Gemeinsamkeit wurde die Gender Pay Gap angesprochen, die in Asien und in Europa jeweils den größten Lohnabstand zwischen den Geschlechtern hat (OECD Durchschnitt: 14,2 %, Korea: 37,2%, Deutschland: 20%), sowie das Ehegattensplitting in Deutschland.
Weitere Punkte waren die komplizierte Strafverfolgung bei Vergewaltigungen in Südkorea (viele männliche Polizeioffiziere (수사관) besitzen nicht die nötige Diskretion), die Gesetzeslage zur sexuellen Belästigung, sowie das Gesetz zur sexuellen Selbstbestimmung („Nein heißt Nein“ vs. „Ja heißt Ja“) in Verbindung mit der „Aufschrei“-Debatte in Deutschland und der „Me-two“-Bewegung in Korea. In der Diskussion über die Gesetzlage in Südkorea fiel auf, dass Opfer sexueller Straftaten unzureichend geschützt werden. So kann der Täter sein Opfer wegen Rufmord anzeigen. So bleiben schon Anzeigen, die zur Fahndung der Tat führen könnten, oft aus. In Südkorea gibt es zwar Angebote für Frauen, die Opfer von Straftaten wurden (Frauenhäuser, Beratungsstellen wie Call-Center). Diese Dienstleistungen bieten keinen langfristen Schutz für Opfer von Sexualdelikten und/oder häuslicher Gewalt, da diese zeitlich begrenzt sind. (Frauenhäuser 1 Jahr, festgelegte Beratungsprozedur bei Call-Centern). Obwohl es Hilfsangebote und Gesetze gibt, gibt es offenbar erhebliche Mängel bei der Implementierung.
Ein weiteres Thema war das Bildungscurriculum in Schulen. Insbesondere die koreanischen Teilnehmer berichteten, dass bestimmte Sportarten wie Fußball nur männlichen Schülern zur Verfügung stehen und oft eine Aufteilung nach den Geschlechtern stattfindet. Zudem werden in koreanischen Schulbüchern Figuren entsprechend von Gender-Rollen dargestellt, welches man im wissenschaftlichen Diskurs der Gender Studies als Indiz für die Entstehung mangelnder „Gender-Sensibility“ werten kann.
Ein letzter Punkt, der diskutiert wurde, ist das Namenssystem und sexistische Alltagssprache in Südkorea. Frauen können nach der Hochzeit nicht den Namen ihres Ehemannes annehmen. Die Familie der Frau wird immer noch als „woe-ga“ betitelt (dt.: „außenstehende Familie“), die Schwiegertochter als „myeon-uri“ (urspr.: „Parasit“). Damit sei die Frau nie Teil der väterlichen Familie. Außerdem bestehen bei der nachdrücklichen Namensänderung (zb. Annahme des Familiennamen der Mutter, Doppelnamen) weiterhin bürokratische Hürden, die man im Rahmen einer offeneren Familienpolitik lockern könnte.
Für das nächste Mal wäre es vielleicht effektiver, wenn auf beiden Seiten männliche Teilnehmer mitdiskutieren könnten, die die Perspektive allgemein erweitern könnten. Allgemein bot uns dieses Themenspektrum jedoch eine breite Grundlage an Themen, über die teils hitzig mit großem Engagement auf koreanischer Seite debattiert wurde.