Referentin aus Korea: Eun-Ju Kim, Direktor des Center for Korean Women and Politics
Referentin aus Deutschland: Katharina Landgraf MdB, Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe
Prof. Dr. Eun-Jeong Lee, Korean Studies, Freie Universität Berlin
Gleich zu Beginn der Arbeitsgruppe wurde einvernehmlich beschlossen, dass die Vorschläge, die in der AG erarbeitet werden, in die allgemeine Empfehlung des Deutsch-Koreanischen Forums einfließen sollen, da sich die Situation für Frauen in beiden Ländern seit dem letzten Forum kaum verändert hat.
Frau Eun-Ju Kim fasste ihre umfangreichen Studien zusammen. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen beträgt in Südkorea 35% und Korea belegt damit den ersten Platz in den OECD Staaten. Der Durchschnitt des Lohnunterschiedes in den OECD Staaten beträgt 13,4%. Seit 2005 ging dieser nur um 3.1% zurück. Der Anteil der Beschäftigung von Frauen liegt etwa bei 44,3%, jedoch stellt 41,5% aller prekären Beschäftigung Frauen dar, d.h. fast die Hälfte der Frauen, die in den letzten 10 Jahren in ein Beschäftigungsverhältnis eingingen, haben keine Festanstellung. Der Anteil von Frauen im Niedriglohnsektor ist seit 10 Jahren unverändert bei 62%. Frauen sind eher in kleinen oder mittelgroßen Betrieben mit unter 100 Beschäftigten tätig. Ein großes Problem ist nach wie vor, dass es nur wenige weibliche Führungskräfte gibt, nicht nur in Betrieben, sondern auch an den Universitäten . Von dem Phänomen des „gläsernen Deckels“ sind Frauen in Südkorea stärker betroffen als in den anderen OECD Staaten. Gleichzeitig ist die südkoreanische Gesellschaft mit einer enorm niedrigen Geburtenrate von 0,98% konfrontiert.
Zum großen Lohnunterschied führt auch der sogenannte „Karriereknick“ durch Heirat, Geburten und Erziehungsjahre. Seit der #MeToo Bewegung zählen sexuelle Belästigung und Missbrauch auch zu den Gründen, dass Frauen ihre Arbeitsstelle wechseln, wodurch sie Dienstjahre für eine Lohnsteigerung verlieren.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll mit Elternzeit auch für Partner, einer Beschäftigungsgarantie nach der Elternzeit, geringere Arbeitsstunden während der Erziehungsjahre, flexible Arbeitszeiten, den Ausbau von Kindertagesstätten etc. gefördert werden. Ein besonderes Programm soll die den sogenannten „Toten Winkelns“ fördern: Unternehmen mit einer Beschäftigungszahl unter 5 Personen mit 90% und unter 10 Personen mit 80% der Vergütung unter 190.000 Won werden mit zwei Pflichtversicherungen wie für Arbeitslosen und Rente gefördert. Allerdings werden die Kranken- und Unfallversicherungen nicht übernommen.
Als weitere familienfreundliche Maßnahme wird die Bezahlung von Geburtsgeld in Höhe von 400€ für drei Monate geplant. Die Unternehmen werden zudem angehalten, sich freiwillig um Maßnahmen für die Geschlechtergleichstellung zu bemühen.
Frau Landgraf MdB verzichtet auf einen Vortrag, sondern wollte auf einzelnen Probleme, die Frau Kim angesprochen hat, eingehen und über die entsprechende Situation in Deutschland berichten.
Sie zeigt den Teilnehmer*innen das Grundgesetz mit den Regeln für Fußballspiele und weist auf den §3 Absatz 2 hin, in dem klar formuliert ist, dass es nicht ausreicht, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, sondern dass der Staat seine Pflicht ernstnehmen muss, sich für die Beseitigung bestehender Nachteile einzusetzen.
Grundgesetz §3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Auch in Deutschland besteht nach wie vor ein Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen. Frauen sind hier ebenso mit dem „gläsernen Deckel“ konfrontiert.
Die Tendenz ist, dass Männer viel mehr Überstundenausgleich, Sonderzahlungen, Weihnachtsgelder und Gewinnbeteiligungen etc. erhalten und Frauen eher die Überstunden durch freie Tage ersetzt bekommen. Nach wie vor sind die typischen Frauenberufe in der Pflege und Erziehung besonders schlecht bezahlt. Frauen sind auch mehr in Teilzeit beschäftigt.
In Deutschland wird momentan eine leicht steigende Tendenz bei der Geburtenrate von 1,41% verzeichnet. Frau Landgraf zeigt positive Veränderungen im Raum Leipzig auf. Es sei sehr stark von Standorten abhängig. In Deutschland wird auch über eine steuerliche Begünstigung diskutiert, wenn junge Familien für Unterstützungen im Haushalt offiziell bezahlen. Väter von Töchtern mit hohem Ausbildungsabschluss erkennen ernsthafte Probleme, wenn sie sehen, dass ihre Töchter auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden. Aus direkter Betroffenheit findet dann ein Umdenken statt und sie setzen sich im Folgenden entsprechend für die Gleichstellung der Geschlechter ein.
Diskussionsrunde
Die Teilnehmer*innen weisen auf das Problem der exorbitant hohen Ausgaben für die außerschulische Bildung von Kindern in Korea hin, um die Aufnahme an einer der Eliteuniversitäten zu erreichen. Insgesamt sind sie sich einig, dass eine stärkere Bewusstmachung für die Geschlechterungleichheit vonstattengehen muss. Frau Kim Eun-Ju fragte nach, ob es in Deutschland auch einen Equal Pay Day gibt. Eine Teilnehmerin erzählt von der letzten Aktion der BVG in Berlin, dass an dem Tag Frauen 21% weniger Fahrgeld bezahlen mussten. Frau Kim weist darauf hin, dass in Korea derzeit erneut über eine Revision der Verfassung diskutiert wird. In der koreanischen Verfassung wird Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verboten, aber es fehlt ein Passus für die Pflicht des Staates bei der Gleichberechtigung der Geschlechter, so wie es in der deutschen Verfassung verankert ist.
Als Vorschlag für die Empfehlung des Deutsch-Koreanischen Forums wird folgendes einvernehmlich beschlossen: Für den kulturellen Wandel sollte der Equal Pay Day in beiden Ländern offiziell eingeführt werden. Für die Revision der koreanischen Verfassung soll der §3 Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes als Richtlinie empfohlen werden:
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Geschrieben: Nataly Jung-Hwa Han