Christliche Kirchen vermögen bedeutenden Beitrag für eine innerkoreanische Annäherung zu leisten
„Fatima Friedenskirche“ an der innerkoreanischen Grenze bei Imjingak
Als Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages freut es mich sehr, dass Berichten zu Folge die südkoreanische katholische Kirche an besonderen Festtagen Priester nach Nordkorea schicken darf, damit diese dort die Messe feiern. Das ist eines der Ergebnisse einer Reise, die eine südkoreanische Kirchendelegation vor ein paar Tagen nach Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang unternehmen durfte. Der Vorsitzende der südkoreanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Hyginus Kim Hee-joong, kündigte in Seoul an, schon zum nächsten Osterfest würden Priester aus dem Erzbistum Seoul die Eucharistie in Nordkorea feiern.
Am 3. Dezember hatte die südkoreanische Delegation, zu der vier Bischöfe und 13 katholische Priester gehörten, eine Eucharistiefeier in der Jangchung-Kirche von Pjöngjang gehalten. An ihr nahmen siebzig Katholiken aus Nordkorea teil.
Ich selbst besuchte mit einer Delegation der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages im Oktober dieses Jahres in Pjöngjang einen Gottesdienst in der katholischen Jangchung-Kirche und in der evangelischen Pongsu-Kirche. Bereits bei den zurückliegenden Besuchen der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe in Nordkorea hat diese stets den Kontakt zu beiden christlichen Kirchen gesucht und einen Gottesdienst besucht.
Nach einer negativen Begebenheit bei meinem Gottesdienstbesuch im Mai dieses Jahres war dieses Mal der Gottesdienst geprägt von einer innerkoreanischen Begegnung. So nahmen an dem katholischen Gottesdienst in der Jangchung-Kirche seit sieben Jahren erstmals wieder zwölf katholische Priester aus Südkorea teil, um gemeinsam den Gottesdienst zu feiern.
Auch der Gottesdienst in der evangelischen Pongsu-Kirche in Pjöngjang, den ich mit der Delegation der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe besucht hatte, war geprägt von der innerkoreanischen Begegnung. An dem Gottesdienst in der evangelischen Pongsu-Kirche nahmen auch Mitglieder des „Ökumenischen Forums des Weltkirchenrates für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der koreanischen Halbinsel“, die zeitgleich zur Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages Nordkorea besuchten, teil, darunter auch Vertreter der Evangelischen Kirchen Nord- und Südkoreas sowie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Die beiden Gottesdienste in Pjöngjang haben eindrucksvoll deutlich gemacht, welch positive Rolle die christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften durch die starke Verbundenheit des Gebets beim Prozess der innerkoreanischen Annäherung spielen können.
Einige Teilnehmer am evangelischen Gottesdienst habe ich im November dieses Jahres wiedergesehen, als sich die Deutsch-Koreanische Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag mit Vertretern des südkoreanischen „National Council of Churches in Korea“ getroffen hat, um sich über die Rolle der Kirchen für eine friedliche Annäherung auf der koreanischen Halbinsel auszutauschen. Neben den Vertretern des „National Council of Churches in Korea“ (NCCK) unter der Leitung dessen Generalsekretärs, Herrn Rev. Kim Young Ju, nahmen auf koreanischer Seite u.a. der Direktor des NCCK, Rev. Shin Seung Minn und der Geschäftsführer des NCCK, Rev. Roh Hye Min sowie der Generalsekretär der Presbyterianischen Kirche Koreas, Rev. Dr. Lee Hong Jung, teil. Ebenso nahmen der internationale Direktor des Weltkirchenrates, Peter Prove, der Geschäftsführer der Deutschen Ostasienmission und Ostasienreferent des Evangelisches Missionswerks in Deutschland, Lutz Drescher, der die EKD im Ökumenischen Forum des Weltkirchenrates für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der koreanischen Halbinsel vertritt, an dem Gespräch teil. Seit 1996 wird jedes Jahr zum Osterfest ein gemeinsames Gebet vom Koreanischen Christenbund (KFC/Nordkorea) und dem Nationalen Kirchenrat von Korea (NCCK/Südkorea) erarbeitet und weltweit verbreitet.
Ich bin überzeugt, dass die christlichen Kirchen im Geiste der Frohen Botschaft unseres Heilands Jesus Christus auf der koreanischen Halbinsel einen ähnlich bedeutenden Beitrag für eine innerkoreanische Annäherung zu leisten vermögen, den die Kirchen in Deutschland und Europa bei der Überwindung der Deutschen Teilung und des friedlichen Umbruchs in Mittel- und Osteuropa spielten. Dies wurde auch bei den jüngsten Besuchen der Gottesdienste in Pjöngjang, bei dem Treffen mit den Vertretern des südkoreanischen „National Council of Churches in Korea“ im Deutschen Bundestag, aber auch bei meinen Gesprächen u. a. mit Seiner Eminenz, dem Erzbischof von Seoul, Kardinal Andrew Yeom Soo-jung in Seoul sowie mit dem Abt der Benediktinerabtei in Waegwan, Seiner Gnaden Blasio Park Hyun-dong, deutlich.
Einen Artikel zum Besuch der Benediktinerabtei in Waegwan finden Sie hier.
Beispielhaft ist das segensreiche Wirken von Mons. Anton Trauner, der sich zeitlebens für eine innerkoreanische Annäherung einsetzte und mitten im Grenzgebiet die Fatima-Friedenskirche errichtete. Als Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages hatte ich zum Weihnachtsfest 2013 öffentlich dazu aufgerufen, den Bau der Fatima Friedenskirche mit einer Spende zu unterstützen. Der fast 94 jährige Mons. Trauner kam bereits im Jahre 1958 nach Korea und hat mit dem Bau der Fatima-Friedenskirche mitten im Grenzgebiet ein Lebenswerk verwirklicht. Fast 50 Jahre hat es gedauert, bis sein Traum von einer Stätte der Andacht und des Gebets für Frieden und Wiedervereinigung mitten im innerkoreanischen Grenzgebiet in Erfüllung ging. Die „Fatima Friedenskirche“ ist ein Ort des Gebetes für Annäherung, Versöhnung und Einheit auf der koreanischen Halbinsel und wir sollten uns in diesem Zusammenhang daran erinnern welche Kraft, Mut und Stärke doch von den Gebeten der Menschen in der Leipziger Nikolaikirche stets vor Beginn der Montagsdemonstrationen im Jahr 1989 ausging, die den Grundstein für die wiedererlangte Einheit unseres Landes legten.
Einen Artikel zum Besuch der Fatima-Friedenskirche finden Sie hier.
Einen weiteren Artikel zur Fatima-Friedenskirche finden Sie hier.
Welch große Impulse für eine innerkoreanische Annäherung und einen umfassenden Friedensdialog in der gesamten Region von den christlichen Kirchen ausgehen können belegt auch eindrucksvoll der Besuch von Seiner Heiligkeit Papst Franziskus im August vergangenen Jahres.
Während seines Besuchs hat Papst Franziskus mehrfach für einen Dialog zwischen Nord- und Südkorea geworben. Bereits zu Beginn seines fünftägigen Besuches in Südkorea hat er zum Dialog mit Nordkorea aufgerufen. Frieden könne nicht durch gegenseitige Schuldzuweisungen und „Zurschaustellung von Macht“ erreicht werden, sagte Papst Franziskus vor Regierungsmitgliedern und Diplomaten im Präsidentenpalast von Seoul. „Ich kann nur meine Anerkennung für die unternommenen Bemühungen um Versöhnung und Stabilität auf der koreanischen Halbinsel zum Ausdruck bringen und zu diesen Bemühungen ermutigen, denn sie sind der einzig sichere Weg zu dauerhaftem Frieden. Koreas Streben nach Frieden ist uns ein Herzensanliegen, denn es wirkt sich auf die Stabilität der gesamten Region und in der Tat auf unsere ganze kriegsmüde Welt aus“, so Papst Franziskus. Staatspräsidentin Park Geun-Hye bekundete ihrerseits die Hoffnung, Franziskus werde „eine Zeit des Friedens und der Versöhnung auf der koreanischen Halbinsel einleiten“.
Der Besuch von Papst Franziskus in Südkorea enthielt klare Botschaften an die Menschen in Südkorea. Die Worte während seines Besuches waren ein deutlicher Aufruf für Frieden und Versöhnung in dem seit 60 Jahren geteilten Land – eine Aufforderung zum Dialog und zur Versöhnung in ganz Nordostasien. Er rief zur Überwindung bestehender Barrieren auf, vermied Schuldzuweisungen oder Vorhaltungen an die eine oder andere Seite und sprach vornehmlich von „Korea“, statt von Nord oder Süd. Seine Worte waren auch eine Botschaft an die koreanische Politik und Gesellschaft, die Hoffnung auf eine koreanische Wiedervereinigung nicht zu verlieren, und sich gemeinsam nachhaltig für die Überwindung der koreanischen Teilung einzusetzen.
Die beiden christlichen Kirchen vermögen einen wichtigen Impuls für eine innerkoreanische Annäherung und einen umfassenden Friedensdialog in der gesamten Region zu setzen. Ich bin überzeugt, dass bei der Überwindung der Teilung Koreas und der Spannungen in Nordostasien die beiden christlichen Kirchen einen gleichsam bedeutsamen Beitrag leisten könnte, wie seinerzeit die evangelische Kirche und die katholische Kirche, allen voran Papst Johannes Paul II., bei der Überwindung der Teilung Deutschlands, Europas und des Kalten Krieges auf dem europäischen Kontinent. Von umso größerer Bedeutung ist es, dass nunmehr an besonderen Festtagen Priester aus Südkorea nach Nordkorea reisen dürfen und dass nach dem katholischen Gottesdienstbesuch gemeinsam mit der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages mit 12 katholischen Priestern aus Südkorea nunmehr Anfang Dezember eine südkoreanische Delegation, zu der vier Bischöfe und 13 katholische Priester gehörten, eine Eucharistiefeier in der Jangchung-Kirche von Pjöngjang feiern konnten.
Ein Interview mit Vorsitzenden Koschyk über die Lage der Christen in Nordkorea finden Sie