Ko-Vorsitzender Koschyk: Einstimmige UN-Sanktionen gegen Nordkorea dokumentieren Geschlossenheit der internationalen Gemeinschaft
Der UN-Sicherheitsrat hat in dieser Woche einstimmig eine von den Vereinigten Staaten eingebrachte Resolution für verschärfte Sanktionen gegen Nordkorea verabschiedet. Der Sicherheitsrat reagierte damit auf den vierten Atomwaffentest Nordkoreas am 7. Januar und einen ballistischen Raketenstart einen Monat später. Beides verstieß gleich gegen mehrere UN-Resolutionen. Der UN-Sicherheitsrat hatte bereits in der Vergangenheit angekündigt „weitere signifikante Maßnahmen“ im Falle eines weiteren Atomtests zu ergreifen.
Indes provoziert das nordkoreanische Regime die internationale Staatengemeinschaft weiter, wobei eine Verschärfung des Tons durch Nordkorea nach der Verkündung der bisher schärfsten UN-Sanktionen gegen das Land erwartet wurde. Nur wenige Stunden nach dem Beschluss des Sicherheitsrats feuerte Nordkorea nach Angaben Südkoreas sechs Kurzstreckenraketen ab, die nach einer Flugstrecke von 100 bis 150 Kilometer ins Meer stürzten. Im Streit um das Atomprogramm Nordkoreas hat Machthaber Kim Jong Un die sofortige Einsatzbereitschaft von Nuklearwaffen angeordnet. Zudem solle sich das Militär für Präventivschläge gegen Feinde bereithalten. Das Land befinde sich in einer äußerst gefährlichen Lage, wurde Kim von den staatlich kontrollierten Medien des Landes zitiert. Es sei notwendig, „dass die atomaren Sprengköpfe zur Verteidigung jederzeit bereit sind, um sie jeden Moment abzufeuern“.
Dass neben Russland auch die VR China den bislang schärfsten Sanktionen gegen Nordkorea im UN-Sicherheitsrat zugestimmt hat, ist ein Indiz, dass selbst Peking Nordkoreas aggressiven Kurs nicht länger duldet.
Präsident Barack Obama erklärte zurecht, dass die neue Resolution eine „entschlossene, gemeinsame und angemessene“ Antwort sei. Die Staatengemeinschaft habe Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un „mit einer Stimme“ eine „einfache Botschaft“ übermittelt: Das Land müsse „seine gefährlichen Programme aufgeben und einen besseren Weg für seine Bevölkerung wählen“, so Barak Obama.
Südkorea begrüßte die Verschärfung der Sanktionen. Dies unterstreiche den festen Willen der internationalen Gemeinschaft, Nordkoreas Atomtests und Raketenstarts nicht länger zu tolerieren, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Seoul. „Wir werden die internationale Zusammenarbeit weiter stärken, so dass Nordkorea sein Atomprogramm auf vollständige, nachprüfbare und unumkehrbare Weise aufgibt.“
Auch die EU und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßten die verschärften Sanktionen. „Die heutige einstimmige Handlung des Sicherheitsrats sendet eine klare Botschaft an Nordkorea, dass das Land seine internationalen Verpflichtungen wieder voll erfüllen muss“, sagte Ban Ki Moon.
Auch das Auswärtige Amt begrüßte die Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Nordkorea. Nach dessen „inakzeptablen Provokationen“ seien die neuen Strafmaßnahmen eine „notwendige und folgerichtige Reaktion und wichtiges Signal an die Machthabenden in Pjöngjang“, erklärte das Auswärtige Amt und hob hervor, dass auch China für die Sanktionen stimmte. „Nur ein geschlossenes Vorgehen der internationalen Gemeinschaft kann Nordkorea dazu bewegen, seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen und sein Atomprogramm aufzuheben“, hieß es weiter.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen sind nun alle Mitglieder verpflichtet, alle für Nordkorea bestimmten oder aus Nordkorea kommenden Waren zu inspizieren. Alle Schiffe mit womöglich illegalen Lieferungen müssen in die Häfen beordert werden. Zudem wird der Verkauf leichter Waffen an Nordkorea verboten. Darüber hinaus werden die Exportbeschränkungen für Nordkorea drastisch verschärft – mit dem Ziel, dem Land die Finanzierung seiner Atom- und Raketenprogramme weiter zu erschweren. Weder Kohle noch Eisen, Eisenerz, Gold, Titanium oder seltene Erden dürfen dem Land noch abgekauft werden. Treibstoff für Flugzeuge oder für Raketen darf nicht mehr geliefert werden. Zudem werden die Konten von 16 Personen und zwölf Unternehmen eingefroren.
Die USA hatten sieben Wochen lang mit der VR China über die Resolution verhandelt. Washington seinerseits hatte bereits Mitte Februar US-Sanktionen gegen Pjöngjang verschärft. Ein vom US-Kongress beschlossenes Gesetz über weitere Strafmaßnahmen gegen Nordkorea sieht vor, dass die USA Geldströme kappen, die das kommunistisch regierte Land zum Bau kleiner Atomsprengköpfen zum Bestücken von Langstreckenraketen nutzen könnte. Außerdem hat der Kongress für die nächsten fünf Jahre 50 Millionen Dollar (44,5 Millionen Euro) für Radiosendungen frei gegeben, die nach Nordkorea ausgestrahlt werden sollen. Mit dem Geld sollen auch Kommunikationsmittel angeschafft und humanitäre Hilfsorganisationen unterstützt werden. Zudem wollen die USA und Südkorea ein gemeinsames Manöver ausweiten. Nach Angaben aus Südkorea sollen etwa vier Mal so viele US-Soldaten zu einem Manöver in das Land entsendet werden wie zunächst vorgesehen.
Im Vorfeld der UN-Resolution gegen Nordkorea stimmten der amerikanische Außenminister John Kerry und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi bei einem Treffen in Peking überein, dass Pjöngjang für seinen vierten, gegen alle UN-Beschlüsse verstoßenden Test vom UN-Sicherheitsrat mit einer baldigen neuen Resolution verurteilt werden muss. Die beiden Außenminister waren sich einig, dass sie ungeachtet der Tests Nordkorea nicht als Atomstaat anerkennen werden. Kerry verwies bei dem Treffen auf die gemeinsam unterzeichnete Verpflichtung in der UN-Resolution von 2013 zur Verurteilung von Nordkoreas drittem Atomtest. Paragraf 19 droht Pjöngjangs Führung mit härteren Sanktionen, wenn sie ihre Atombombentests fortsetzten. Ebenfalls verwies Kerry an das erfolgreiche Nuklear-Abkommen mit dem Iran, an dem die USA, China und weitere Staaten beteiligt waren. „Wir hatten damals schärfere Sanktionen gegen den Iran beschlossen, der keine Bombe hatte, als wir bisher gegen Nordkorea vereinbarten“, so US-Außenminister Kerry.
Beide sprachen sich bei ihrem Treffen in Peking auch „für weitere Sanktionen“ aus. Doch sie konnten sich nicht auf konkrete Maßnahmen dazu einigen. „Wir werden in den kommenden Tagen weiter darüber reden“, sagte Kerry nach dem Treffen in Peking.
Dass Peking neben Moskau der von den Vereinigten Staaten eingebrachten Resolution für verschärfte Sanktionen gegen Nordkorea zugestimmt hat, ist als ein großer diplomatischer Erfolg zu werten und deutet auf eine Veränderung der chinesischen Nordkorea-Politik hin.
Die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua nannte bereits kurz nach dem Atomtest diesen als einen „Schlag“ gegen den Prozess hin zu einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel und erklärte, dass nur ein Dialog das Misstrauen beseitigen könne und die seit 2009 eingefrorenen Sechs-Parteien-Gespräche mit Nordkorea, Südkorea, den USA, China, Japan, Russland „der einzig aussichtsreiche Weg aus dem regionalen Morast“ seien.
Nach der Zustimmung der VR China zu den schärfsten Sanktionen, die der UN-Sicherheitsrat gegen Nordkorea verhängt hat sollten die USA die Regierung in Peking nunmehr dabei unterstützen, im Schulterschluss mit Russland, Japan und Südkorea die Sechs-Parteien-Gespräche wiederzubeleben. Nur eine enge Zusammenarbeit zwischen den USA und der VR China könnte hierfür die notwendigen Voraussetzungen schaffen.
Es muss gemeinsames Ziel sein, die internationale Zusammenarbeit weiter zu stärken, so dass Nordkorea sein Atomprogramm vollständig aufgibt. Ich sehe unverändert in der Wiederaufnahme der “Sechs-Parteien-Gespräche” die beste Möglichkeit, nicht nur die strittige Nuklearfrage zu lösen, sondern auch einen nachhaltigen Dialogprozess aller Beteiligten über alle Themen zu führen, die einer friedlichen Entwicklung in Nordostasien, einer allseitigen Verständigung sowie einer umfassenden Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Bildung, Wissenschaft und im humanitären Bereich dienen. Aus einem derartigen Prozess könnte sich eine schrittweise Annäherung der beiden koreanischen Staaten mit dem Ziel einer Wiedervereinigung ergeben.
Wenn die „Sechs-Parteien-Gespräche“ zwischen China, den USA, Russland, Japan und den beiden koreanischen Staaten wiederaufgenommen und in der Nuklear-Frage Fortschritte erzielt werden, könnte sich daraus eine Art Nordostasien-KSZE-Prozess entwickeln, der von der Europäischen Union mit dem europäischen Erfahrungshintergrund bei der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes begleitet werden könnte.
Der Deutsche Bundestag hat sich bereits 2002 in einem interfraktionellen Antrag für solch eine Art nordostasiatischen KSZE-Prozesses ausgesprochen. Wörtlich heißt es in diesem Entschließungsantrag: „Europa hat durch seine schmerzliche Geschichte gelernt, wie man mit scheinbar aussichtslosen und gefährlichen Spannungslagen umgehen kann. Unser Kontinent hat bei der Entspannungspolitik und der Überwindung des Kalten Krieges mit dem KSZE-Prozess gute Erfahrungen gemacht. Auch die Aussichten, die gegenwärtigen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel einzudämmen und langfristig zu überwinden, könnten von einem Prozess profitieren, der nicht nur eindimensional auf die unmittelbare Lösung des Nuklearproblems abzielt, sondern parallel auch Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle, Wirtschafts-und Energiethemen, innergesellschaftlichen Wandel, Menschenrechte, einen breiten Dialog und einen Interessenausgleich umfasst. Entscheidend ist hierbei auch, nicht nur die beiden koreanischen Nachbarländer einzubeziehen, sondern auch wichtige und interessierte internationale Akteure wie Russland, die VR China, Japan, die USA, die EU und nicht zuletzt die UNO in der Person des Generalsekretärs. Nordkorea könnte über einen mehr-dimensionalen, auf „Geben und Nehmen“ beruhenden Prozess aus seiner gefährlichen internationalen Isolation herausgeführt werden, ohne dass das Land etwa mit bilateralen südkoreanischen oder US-amerikanischen Konzessionen für seine unverantwortliche gegenwärtige Drohpolitik „belohnt“ würde. Angestoßen wer-den könnte ein solcher multidimensionaler Sicherheitsprozess für Nordostasien durch eine möglichst baldige internationale Sicherheitsinitiative. Diese Initiative sollte von der Europäischen Union ausgehen, die auf diesem Wege die Möglichkeit hätte, die in letzter Zeit leider wenig funktionsfähige gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wieder zu beleben und zu beweisen, dass sie zur Übernahme internationaler Verantwortung in der Lage ist. Deutschland sollte dazu in der EU den Anstoß geben.“