Interview mit tageschau.de / Ko-Vorsitzender Koschyk: „Der nordkoreanischen Regierung geht es um ihr eigenes Überleben. Deshalb wollen sie von den USA die Versicherung, dass kein Regime-Wechsel geplant ist“
Vor dem Hintergrund der andauernden Krise auf der koreanischen Halbinsel führte Julian Heißler von tageschau.de u.a. ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe und Ko-Vorsitzenden des Deutsch-Koreanischen Forums, Hartmut Koschyk MdB.
Für den Moment scheint die Gefahr einer militärischen Eskalation damit gebannt. Das könnte sich jedoch schnell wieder ändern. Denn in wenigen Tagen steht eine gemeinsame Militärübung der Vereinigten Staaten und Südkorea an – ein Ereignis, das in Pjöngjang traditionell den Blutdruck steigen lässt. Die Übung hänge „wie ein Damoklesschwert“ über der derzeitigen Lage, so Koschyk im Gespräch mit tagesschau.de. Schließlich waren die gemeinsamen Manöver von Washington und Seoul in der Vergangenheit immer wieder vom nordkoreanischen Regime als Provokation aufgefasst worden.
Als etwa im März des vergangenen Jahres amerikanische und südkoreanische Truppen im Rahmen einer achtwöchigen Übung Truppenlandungen in Nordkorea simulierten, drohte Pjöngjang dem Süden mit einer „kompromisslosen Offensive“ – und versetzte die Atomstreitkräfte in Gefechtsbereitschaft. Angesichts dieser Vorgeschichte hofft Koschyk, dass die Übung in diesem Jahr zurückhaltender ausfällt. „In der derzeitigen Situation kann man das Manöver nicht einfach absagen. Aber es kann so ausgestaltet werden, dass nicht weiteres Öl ins Feuer gegossen wird“, so Koschyk. Denkbar sei etwa eine Verteidigungsübung – oder auch eine Verschiebung des Termins. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Schließlich setzt Südkoreas neuer Präsident Moon Jae In im Konflikt mit dem Norden auf Deeskalation.
Langfristig hofft Koschyk auf ein abgestimmtes Vorgehen der USA und China, um zu einer Lösung im Konflikt mit Nordkorea zu kommen. Die Regierung in Peking habe kein Interesse an einer nuklear aufgerüsteten koreanischen Halbinsel, stütze das Regime in Pjöngjang jedoch weiter, da sie die Folgen eines Zusammenbruchs fürchte. Deshalb müsse ein Interessenausgleich geschaffen werden. „Der nordkoreanischen Regierung geht es um ihr eigenes Überleben. Deshalb will sie von den USA die Versicherung, dass kein Regime-Change geplant ist“, sagt Koschyk. Im Umkehrschluss sei denkbar, dass Pjöngjang sein Atomprogramm auf dem jetzigen Stand einfriere und keine weiteren Atomtests durchführe. Dies sei das Best-Case-Szenario, so Koschyk. „Über den Worst-Case will ich lieber gar nicht nachdenken.“