Koschyk im Interview zu Nordkorea / Brauchen auch Verhandlungsbereitschaft, sonst werden wir keinen Ausweg aus der Krise finden!
Die Sanktionen gegen Nordkorea könnten bereits morgen nochmals verschärft werden. Doch laut einem UN-Bericht umgeht die Führung in Pjöngjang die Sanktionen erfolgreich. Unterdessen bot Bundeskanzlerin Angela Merkel deutsche Unterstützung bei der diplomatischen Beilegung der Krise um Nordkoreas Atomrüstung an. Der SWR führte hierzu ein Interview mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages, Hartmut Koschyk MdB.
Koschyk erklärte, dass man in den letzten Tagen gesehen habe, dass es ein Auseinanderdriften der langen geschlossenen Front im UN-Sicherheitsrat im Hinblick auf Nordkorea gebe. Deshalb werde es bei der heute zu erwartenden Beratung im Weltsicherheitsrat entscheidend darauf ankommen, dass diese Geschlossenheit erhalten bleibt, so Koschyk. „Es wäre der größte Triumph von Kim Jong-un, wenn er einen Keil zwischen der EU, den Vereinigten Staaten, China und Russland treiben könnte“. Diese Geschlossenheit sei entscheidend, da man beides brauche, „möglichst geschlossenen Druck“, als auch „kreative Diplomatie“, wie es der schwedische UN-Botschafter beim letzten Beschluss des UN-Sicherheitsrates genannt habe. „Wir brauchen also auch die Verhandlungsbereitschaft, sonst werden wir keinen Ausweg aus der Krise finden“, so Koschyk.
Koschyk erklärte, dass es zum einen darauf ankomme, die Effizienz der Sanktionen zu steigern. Die Vereinten Nationen haben schließlich gerade einen Bericht vorgelegt, der deutlich macht, wie erfolgreich Nordkorea bislang die bestehenden Sanktionen umgeht. Vor allem durch Exporte in einige afrikanische Staaten, wodurch Nordkorea Devisen erwirtschaftet. „Man wird sicher auch über weitere Sanktionen sprechen müssen, aber das entscheidende wird sein, dass diese Geschlossenheit unter Einbeziehung Chinas und Russlands erhalten bleibt, weil das macht einen nachhaltigen Eindruck auf Nordkorea. Man brauche auch Verhandlungen und „die Bundeskanzlerin war ja die Erste, die an die Verhandlungen mit dem Iran im Hinblick auf dessen Nuklearambitionen erinnert hat und damals haben sich neben den Veto-Mächten im UN-Sicherheitsrat auch Deutschland beteiligt“. Diese damalige geschlossene Formation brauche man jetzt auch im Hinblick auf die Situation auf der koreanischen Halbinsel, so Koschyk.
Im Hinblick auf ein von den USA geforderte Öl-Embargo wies Koschyk darauf hin, dass gestern ein amerikanischer Experte darauf aufmerksam gemacht habe, dass Nordkorea auch ein Ölembargo für sehr lange Zeit durch seine Kohlevorkommen würde aushalten können. Nordkorea könne sogar Fahrzeuge mit Holz und Kohle betreiben, wie er es selbst bei einem Besuch in Nordkorea gesehen habe, so Koschyk. Daher müsse man immer genau überlegen, was wirklich effizient sei. Koschyk verstehe, dass die USA, die „auch innenpolitisch unter einem erheblichen Erwartungsdruck stehen, jetzt auch einen gewissen diplomatisch-politischen Aktionismus entfalten, aber am Schluss muss es effizient sein und es muss immer China und Russland einschließen, weil das der größte Triumph von Kim Jong-un wäre, wenn diese geschlossene Formation der internationalen Gemeinschaft auseinanderbricht“, so Koschyk.
„Kim Jong un setzt alles auf eine Karte. Er will auf Augenhöhe von den USA und auch der internationalen Staatengemeinschaft wahrgenommen werden. Und er provoziert ja nicht nur die USA und die internationale Gemeinschaft, er provoziert auch China gleichermaßen“. So habe der Nukleartest am Eröffnungstag der Brix-Konferenz stattgefunden, was belege, dass Kim Jong-un auch China zeigen wolle, dass er sich von China nicht beeindrucken lasse. Chinas Einfluss werde oftmals überschätzt, so Koschyk. „Es ist nicht das Verhältnis zwischen der Sowjetunion und ihren ehemaligen Satellitenstaaten. Kein chinesischer Soldat steht in Nordkorea“. Nordkorea habe immer auf seine Autarkie geachtet „und das scheint Kim Jong-un von seinem Vater und Großvater gelernt zu haben: verschiedene Mächte gegeneinander auszuspielen“. Vor diesem Hintergrund dürfe man „die nordkoreanische Diplomatie und insofern auch eine gewisse Gerissenheit nicht unterschätzen“. Das Entscheidende sei, dass irgendjemand anfangen muss mit Kim Jong-un zu sprechen und Gespräche zu vermitteln. „Momentan habe ich den Eindruck, dass es sich um ein Mikado-Spiel handelt und jeder Angst hat sich zuerst zu bewegen – aber irgendjemand muss sich bewegen, muss eine Gesprächsatmosphäre schaffen“, und gleichzeitig muss der Druck aufrecht erhalten bleiben. „Das ist nach meiner Überzeugung der einzige Ausweg aus der Krise und das haben auch frühere ähnliche Situationen so auf der koreanischen Halbinsel gezeigt“, so Koschyk.