XVIII. Deutsch-Koreanisches Forum / AG 1: Die energie- und klimapolitische Entwicklung in Deutschland und Korea
Vorsitz: Frau Botschafterin Hyoeun Jenny KIM, Stv. Generaldirektorin und Leiterin „Green Growth Planning and Implementation“, Global Green Growth Institute (GGGI)
Referenten: Prof. Dr. Werner PASCHA, Universität Duisburg, Institute of East Asian Studies and Mercator School of Management
Professor Yonghun JUNG, Adjunct Professor, Energy Systems Department, Ajou University
Die Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit dem Hinweis, derzeit seien alle Regierungen der Welt – mit einer bedauerlichen Ausnahme – grundsätzlich dazu bereit, Maßnahmen zu einer Reduzierung von CO2-Emissionen zur Begrenzung des Klimawandels zu ergreifen. Korea und Deutschland hätten ähnliche Erfahrungen mit ihrer industriellen Entwicklung und damit auch mit Umweltproblemen gemacht, und es sei nun an der Zeit, gemeinsam intelligente grüne Technologien der Energieerzeugung zu entwickeln und anzuwenden, um eine ökologische Transformation zu erreichen.
Professor Pascha begann seine Ausführungen unter dem Titel „Energie- und Klimapolitik in Deutschland: Wie steht es um die Energiewende?“ mit dem Hinweis, dass am 20.September das Klima-Kabinett der Bundesregierung voraussichtlich wichtige Entscheidungen zur deutschen Klimapolitik treffen werde und die Diskussion des DKF somit zu einem sehr aktuellen Zeitpunkt stattfinde. Er erläuterte sodann die Hintergründe der Energiewende in Deutschland, die sich schon ab Ende der 1970er Jahre aus der breiten Zivilbewegung gegen nukleare Energiegewinnung entwickelt habe und damit auch eine Grundlage der frühen und breiten Akzeptanz von Klimapolitik in der deutschen Gesellschaft gelegt habe. In seiner Bestandsaufnahme zu den Klimazielen der Bundesregierung verwies er u.a. darauf, dass Kohle (bzw. einheimische Braunkohle) in Deutschlands Energiemix und bei der Energie-Erzeugung noch vergleichsweise stark vertreten sei, während erneuerbare Energien zwar an der Energieproduktion mit 1/3, im gesamten Energiemix jedoch recht niedrig mit 12 % vertreten seien. Die Rolle der einheimischen Kohle, die sich auch in beträchtlichen regionalen Unterschieden bei der Stromerzeugung in Deutschland zeige, mache deutlich, dass der Beschluss der Bundesregierung, bis 2038 auf Kohle im Strommix zu verzichten, schwerwiegende Folgen für die Fördergebiete der Braunkohle haben werde. Daher seien 40 Mrd. € für die Förderung des Strukturwandels in diesen Regionen vorgesehen.
Kritisch sei zu vermerken, dass die Ziele einer Reduzierung des Verbrauchs von Primärenergie und der Reduzierung von CO2-Emissionen bisher bestenfalls mangelhaft erreicht worden seien, dabei aber hohe Kosten für Verbraucher und Steuerzahler zur Folge gehabt hätten. Kritiker verträten der Meinung, die bisherigen Anstrengungen genügten nicht, der Mitteleinsatz sei ineffizient gewesen, es seien Marktverzerrungen durch ungeeignete Instrumente und durch technologische Weichenstellungen entstanden. Auch werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass Klimaschutz ein globales öffentliches Gut sei und die Schaffung geeigneter internationaler Rahmenbedingungen deshalb wichtiger als teure nationale Alleingänge sei.
Als Antwort auf die Frage, welche zusätzlichen Maßnahmen zu ergreifen seien, unterstrich Prof. Pascha, da jede Maßnahme auf nationaler Ebene der Gemeinschaft beträchtliche Lasten aufbürde, sei es wichtig, dafür zu sorgen, dass ein globales Problem mit wirksamen Maßnahmen auf globaler Ebene bekämpft werde. Deutschland sei für 2 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich und könne deshalb mit nationalen Maßnahmen allein nicht die gewünschten Wirkungen erzielen. Deutschland und Korea sollten sich deshalb bemühen, gemeinsam
1. Bessere Technologien zu entwickeln,
2. Für eine effizientere und bessere Umsetzung der Klimapolitik zu sorgen, und
3. Gemeinsam für die Entwicklung und Umsetzung von Klimaverpflichtungen im globalen Rahmen zu arbeiten.
Professor Jung erläuterte, in seinem Vortrag „Bilateral Energy and Environment Cooperation between Germany and Korea“ wolle er insbesondere darüber sprechen, was Korea in diesem Bereich tue, was es anders tue, und welchen Weg es in Zukunft gehen werde. Ein Blick auf die internationalen Klimabemühungen zeige leider eine Zunahme globaler Rivalitäten statt globaler Zusammenarbeit. Zudem habe es sich das kontinuierliche Sinken der Rohöl-Preise nachteilig für die erneuerbaren Energien ausgewirkt. Wie auch bereits Professor Pascha, unterstrich auch Professor Jung, die Kosten einer Transition hin zu erneuerbaren und CO2-neutralen Energien und ihre faire Verteilung seien die entscheidenden Fragen im globalen Rahmen.
Koreas energie- und umweltpolitische Vorgaben aus dem Jahr 2017 zeigten als Ziele eine Zunahme an erneuerbaren Energien und einen allmählichen Ausstieg aus der Nuklearenergie, die Betonung von hoher Energie-Effizienz und Verringerung des Energieverbrauchs durch technologische Entwicklungen, System-Optimierung und die Förderung innovativer und nachhaltiger Energie-Technologien.
Für die Situation Koreas als (nicht geografischer, aber faktischer) Inselstaat seien einige Faktoren jedoch anders zu bewerten als für Deutschland. Dies gelte für die Sicherung der Energieversorgung ebenso wie für die Notwendigkeit, an einem relativ hohen Anteil von Energieproduktion durch Müllverbrennung festzuhalten. Auch sei die koreanische Gesellschaft (noch) nicht so bereit wie die deutsche, hohe Energiekosten zu tragen. Für die Wettbewerbslage der koreanischen Industrien mit den direkten Konkurrenten China und Japan gelte ebenso, dass die Energiekosten vergleichsweise niedrig bleiben müssten. Auch sei zu beachten, dass der Anteil der Energie-Industrien (z.B. Raffinierien etc.) am koreanischen BIP 20% betrage und damit erheblich höher als in Deutschland liege.
Wesentliche Elemente der koreanischen Energiepolitik seien die intensiven Bemühungen um den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft und die entsprechende Förderung der Forschung in solche Technologien. Technologie, so das Fazit von Professor Jung, sei der Schlüssel zu einer nachhaltigen Klimapolitik. Für eine Zusammenarbeit von Deutschland und Korea gebe es vielfältige Chancen und Möglichkeiten, so
1. Im Handel von energie-effizienten Technologien, ESS, Batterien etc.
2. Bei Investitionen in erneuerbare Energien oder Petrochemische Produktionen sowie im Austausch von Erfahrungen Deutschlands mit russischen Gaslieferungen per Pipeline, und
3. Bei Forschung und Entwicklungen in eine Reihe von Bereichen, etwa im Smartgrid, in der Petrochemie u.a.m.
Abschließend äußerten beide Referenten die Überzeugung, eine energie- und klimapolitische Zusammenarbeit Deutschlands und Koreas würde sowohl bilateral als auch im globalen Rahmen vorteilhaft sein und die Chancen für die Erreichung der klimapolitischen Ziele beider Länder erhöhen.
Geschrieben: Botschafterin a.D. Doris Hertrampf